Ist Deutschlands CO2 Ausstoß so gering, dass er im Vergleich zu China nicht ins Gewicht fällt?
In Folge 7 der Show Maithink X sagt Dr. Mai ab Minute 13’30“ provokant: „Wieso sollte Deutschland CO2 sparen, wenn China die ganze Welt verschmutzt?“ und gibt dann natürlich selbst die Antwort: „Die Antwort auf das China-Scheinargument ist, dass ja nicht nur viele große deutsche Firmen Sitze in China haben, sondern dass wir auch noch etliche in China hergestellte Güter importieren. Das heißt, wir sind durch unseren Konsum hier, für den CO2 Ausstoß in China natürlich mitverantwortlich.“
Sie bezeichnet das Argument als Scheinargument, weil – ja warum eigentlich? Sie tut so, als hätte sie mit dem Hinweis auf unsere Mitverantwortung für Geschäfte mit China argumentativ etwas bewiesen – hat sie das?
Was ist denn eigentlich das Argument, um das es geht? Wer etwas nachforscht findet heraus, dass der Anteil Deutschlands am weltweiten CO2-Ausstoß klassisch betrachte bei rund 1,8% liegt , der Anteil Chinas bei gut 30%. So ganz aus dem Bauch heraus bedeutet das: Wir können uns hier in Deutschland den XXX aufreißen, was wir an CO2 einsparen können ist im Verhältnis zu dem was China ausstößt so winzig, dass es dem Klima ziemlich egal ist. Zumal, wenn man sieht, dass Chinas CO2 Ausstoß immer weiter zunimmt, während der CO2 Ausstoß Deutschlands sinkt.
Und nun sagt Dr. Mai implizit, dieses Argument sei falsch, weil Deutschland für entscheidend mehr CO2 Ausstoß als diese 1,8% verantwortlich ist. Dann müsste man ja bei einer genaueren Betrachtung, die auch den CO2 Ausstoß berücksichtigt, der durch unser Verhalten quasi in den Rest der Welt exportiert wird, zu ganz wesentlich anderen Zahlen kommen. Warum nennt Dr. Mai diese Zahlen nicht? Warum nennt sie überhaupt keine Zahlen?
Wie ändern sich denn die Zahlen, die Dr. Mai kennt aber verschweigt, wenn ihr Schein-Argument berücksichtigt wird? Das wurde hier untersucht. Danach steigt der Deutsche Anteil am globalen CO2 Ausstoß bei Berücksichtigung des Handels um 14 % von 1,8% auf etwa 2,1%, der Chinesische Anteil sinkt um 6,3% auf etwa 28%. Die Änderungen sind also gering und damit ändert sich an der obigen Argumentation nichts, die Verhältnisse bleiben im wesentlichen gleich: was wir in Deutschland tun hat keinen großen Einfluss auf das Klima. Dr. Mai benutzt einfach einen hinterlistigen Trick, wenn sie darauf hinweist, dass es da ja noch etwas zu berücksichtigen gibt und so den Eindruck erweckt, damit würde das ganze Argument kippen – tatsächlich kippt da gar nichts. Das ist schlicht Propaganda.
Ändern tut sich erst in dem Moment etwas, wo ‚wir‘ nicht mehr Deutschland meint, sondern einen wesentlich größeren Teil der Welt, z.B. Europa, denn politische Entscheidungen haben einen Hebel der um so länger ist, je mehr Menschen davon betroffen sind. Aber wer sich den Anstieg des CO2-Ausstoßes während der letzten Jahrzehnte anschaut erkennt, dass auch gesamt-Europa den Anstieg nicht aufhalten kann, besten Falls etwas mindern – zumal mittlerweile Prozesse in Gang gekommen sind, die jetzt automatisch ablaufen und von Menschen nicht mehr gestoppt werden können, wie z.B. das Auftauen von Permafrost-Böden. Die Politik kann also den Klimawandel nicht steuern, sie kann nur ein wenig Einfluss auf die Geschwindigkeit nehmen.
Der eigentlich Knackpunkt aber ist: Alle Nationen befinden sich in einem Konkurrenzkampf, der teilweise kriegerische Formen hat – so hat China angekündigt, die von den anderen Nationen bis 2050 anvisierte Emissionsfreiheit erst in 2070 erreichen zu wollen – ein Riesen Vorteil im Wirtschaftskrieg gegen den Rest der Welt. Wenn eine Nation zu harten Maßnahmen greift – und damit intern hohe Kosten verursacht – die die eigene Wirtschaft schwächen und von der eigenen Bevölkerung nicht mitgetragen werden, andere Nationen aber nicht vergleichbare Maßnahmen bei sich treffen, dann verschafft das ‚den Anderen‘ einen erheblichen Vorteil. Daran ist der Klimaschutz schon ein mal gescheitert (*): 1989 hatten sich Umweltminister schon ein mal fast auf ein Abkommen zur CO2 Reduktion geeinigt, nur die USA wollten nicht mitmachen, weil das ihre Wirtschaft behindern würde – worauf hin die anderen Länder auch ausgestiegen sind, denn die USA waren ihr Konkurrent und dem durften sie keinen Vorteil im Wettbewerb verschaffen.
Die Politik muss also den Kompromiss finden, bei dem die CO2 Emissionen auf netto Null-Emission reduziert werden, ohne die innere Stabilität zu gefährden, ohne Schäden zu verursachen, die größer sind als die, die bekämpft werden sollen und ohne die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit zu gefährden. Denn nur wer stark ist, kann auch helfen.
Bei der Frage, wann die Emissionsfreiheit im realistischen Idealfall erreicht werden soll, gibt es also Pros und Kontras.
Dazu kommt ein weiterer wesentlicher Punkt: obwohl wir zur Zeit ein rasantes Voranschreiten in der Entwicklung neuer Technologien zur Klimaschonung beobachten, brauchen diese dennoch ihre Zeit. Politische Schnellschüsse können sich oft schon nach wenigen Jahren als Bumerang erweisen und mehr Schaden als Nutzen mit sich bringen, oder die Weichen für suboptimale Wege stellen, weil es zu den optimalen noch etwas gedauert hätte.
Leider hat Greta Thunberg da schreckliches geleistet: sie hatte die Absicht verkündet, die Politiker in Panik zu versetzen, und das ist ihr unglücklicherweise gelungen. Das Resultat sind demonstrierende Kinder die aus Angst vor der Zukunft irrsinnige Forderungen stellen, deren Tragweite sie überhaupt nicht absehen können: in Panik greift man evtl. einfach nach dem Strohhalm, der nicht etwa Halt gibt sondern einfach nur im Wasser treibt, oder nach der Hand eines Ertrinkenden … Und die Konsquenz sind Politiker, die Angst haben vor der großen dummen Masse und durch den Ring springen, den die Neubauers und Thunbergs ihnen hin halten.
Ich möchte da mal eine Metapher benutzen: Die Klimakrise zwingt uns gerade zu einem Ausweichmanöver – und wer bei einem Ausweichmanöver noch Vollgas gibt kommt ganz leicht von der Straße ab und muss mit einem schwerem Unfall rechnen! Auch oder gerade in Gefahrensituationen muss man kühlen Kopf bewahren.
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* In ‚Titel Thesen Temperament‘ vom 31.03.2019 erzählt der Journalist Nathaniel Rich – Autor von ‚Losing Earth‘ – wie am 07.11.1989 eine Umwelt-Konferenz mit 60 Umweltministern aus der ganzen Welt an dem US-amerikanischen Teilnehmer der Bush-Administration scheitert.