Die Gedanken sind frei – auch die dummen!

Sabine Heinrich fragte im WDR [Http://bit.ly/38tGoO1]: „Ist es OK, wenn ein Mann einer Frau ungefragt ein Kompliment zu ihrem Outfit macht?“ Wieso ‚Mann‘ und ‚Frau‘? Auch das ‚ungefragt‘ in der Frage finde ich befremdlich – was soll das bedeuten? Wäre es denn OK, wenn eine Frau einen Mann zunächst danach fragt, ob er ihr ein Kompliment zu ihrem Outfit machen möchte? Sind da nicht schon bei der Frage bestimmte Weichen in den Köpfen falsch gestellt worden? Sollte man statt dessen nicht besser fragen: Ist eine Demokratie noch auf dem richtigen Weg, wenn im Fernsehen solche Fragen gestellt werden?

Nun hat ‚OK‘ keine rechtliche Relevanz; es muss also wohl um gesellschaftliche Regeln unterhalb von Gesetzen gehen – wie sollen denn da die Strafen bei Übertretungen aussehen? Jedenfalls möchte Frau Kroymann keine Komplimente bzgl. ihrer Figur, wohl aber bzgl. ihres Outfits hören; und sie möchte nicht angemacht werden. Männer sollen sich heran tasten und erkunden, was sie gerne hören möchte; sie hält das für durchführbar. Komplimente bei denen sich der Mann viel Mühe mit der Formulierung gegeben hat bringen zumindest einen Pluspunkt für den Mann …. Sie weiß, was sie will – wieso sollte sie es bekommen?

Hier hat doch jemand nicht mehr alle Tassen im Schrank, wie kann man sich so etwas ausdenken? Wenn man beleidigt wird, erstattet man Anzeige, wenn man was nicht hören will sagt man „Lassen sie mich bitte in Ruhe.“ Aber dieses vorsichtige Vortasten, das Frau Kroymann sich wünscht, erinnert sehr an die Art, wie Männchen der Schwarzen Witwe sich ans Weibchen tasten: vorsichtige Vibrationen am Netz erzeugen, Signale senden und empfangen und schnell weg rennen, wenn sie heute nicht gut drauf ist. Ist mir völlig unbegreiflich, wie man zu so einem Weltbild kommen kann.

Hat eine Frau Kroymann nicht die Eier in der Hose auf ein unerwünschtes Kompliment mit einem freundlichen Lächeln und einem souveränen „Tut mir leid, sie sind nicht mein Typ“ zu antworten? Anscheinend leben unsere Promis in ganz speziellen ‚Gated Communities‘ bei denen nicht die Räume abgeschirmt werden, in denen sie sich bewegen, sondern die intellektuellen Zugänge zur Außenwelt. Sie lassen sogar ihre E-Mails von Wachpersonal sortieren um sicher zu stellen, dass sie nicht mit der wirklichen Welt in Berührung geraten müssen – so können sie in ihren Filterblasen bleiben und das Gefühl genießen, wichtig zu sein und etwas zu sagen zu haben. Und so kommt eine Maren Kroymann auf die abstruse Idee, es bräuchte spezielle Verhaltensregeln für Männer, denn Männer müssten sich einer Frau – wie ihr? – ganz vorsichtig nähern und ihre Signale aufnehmen und richtig interpretieren um zu erkennen, ob sie den Mund öffnen dürfen um ihr ein Kompliment zu machen; aber nur zur Kleidung, wir wollen ja nicht zu weit gehen.

Das würde ihr gefallen, sich wie eine Königin behandeln zu lassen. Was für ein Menschenbild steckt dahinter? Was für ein Frauenbild? Denn ihre Regeln müssen ja für alle Männer und Frauen gelten, obwohl viele Frauen solche Regeln nicht wollen. Und: Männer und Frauen sind augenscheinlich grundverschieden in ’solchen‘ Dingen: was ist also mit den Männern? Dürfen die auch mal IHRE Regeln für Frauen aufstellen?

In einer pluralen Demokratie muss man die Anderen einfach ertragen; Männer müssen ja auch alles mögliche ertragen, bis hin zum Gendersternchen.

Aber man sagt ja manchmal im Gespräch Dinge, die man so gar nicht gemeint hat. Darum hatte ich sie höflich angeschrieben [bit.ly/3oNzlq6] und um einen Kommentar gebeten, vielleicht hatte ich sie ja missverstanden – selbstverständlich habe ich keine Antwort erhalten. Ich hatte auch versucht, ihre Gesprächspartnerin Frau Sabine Heinrich auf CC zu setzen, aber sie lässt sich wohl noch schärfer abschirmen; jedenfalls habe ich auch von ihr keine Reaktion erhalten. Erstaunlicherweise auch von Jürgen von der Lippe nicht, der tapfer aber vorsichtig Widerstand geleistet hatte gegen diesen erstaunlichen Ausbruch dummen Sexismus’s.

So können Prominente sich wie Könige fühlen und in der für sie bereinigten und kontrollieren Öffentlichkeit dummes Zeug erzählen, ohne jemals mit kritischen Gedanken konfrontiert zu werden – vielleicht ausgenommen, wenn die Bildzeitung über sie berichtet; aber welche Königin ließe sich schon von so einem Blatt erreichen?

Wieso stellen Öffentlich Rechtliche Medien für so etwas eine Plattform dar? Für den Fall, dass die Antwort ‚Meinungsvielfalt‘ lauten sollte: wo ist die Vielfalt? Wo sind die Männer mit anderen Ansichten als sie der feministische Mainstream verbreitet? Der gar kein Mainstream ist, sondern eine gut organisierte, mächtig aufgeblasene Minderheit, die es mit Propagandamethoden und sozialer Gewalt geschafft hat, in vielen Medien die Meinungshoheit zu erobern.

Zu ihrem Outfit hatte ich Frau Kroymann gar nichts sagen wollen, zu ihrem Körper auch nicht. Zu ihrem Intellekt hätte ich jetzt gerne etwas gesagt, aber das würde sie wohl nicht hören wollen.

Was nun?

Nicht dein Ernst! Oder doch?

Nicht dein Ernst! – Eine Frage des Geschlechts im WDR am 29.11.2020

Die Darstellung des Geschlechterverhältnisses im Fernsehen ist im Moment besonders interessant; Sendungen wie die im WDR lassen erstaunliches sichtbar werden. Da ich Frau Kroymann als sympathisch und klug einschätze, habe ich sie angeschrieben und gefragt, ob sie wirklich meint, was sie da gesagt hat. Und da am Gespräch maßgeblich beteiligt, habe ich Frau Sabine Heinrich und Herrn Jürgen von der Lippe auf CC gesetzt.

Mein Resümee in Kürze:

Worauf gründet dieses Selbstverständnis, einen Anspruch auf Sonderbehandlung ‚Der Frau‘ geltend machen zu dürfen? Was ich hier sehe ist nicht das Bild einer modernen, toleranten, demokratischen Gesellschaft, sondern Intoleranz, Sexismus und Demokratiefeindlichkeit. Wollen Sie das wirklich oder habe ich Sie da missverstanden?

Und hier meine Mail an Frau Kroymann:

Sehr geehrte Frau Kroymann, bitte schenken Sie mir eine Minute,

bitte lesen Sie diese Mail.

In einer Diskussion mit Herrn von der Lippe (‚Nicht dein Ernst! – Eine Frage des Geschlechts‘, WDR 29.11.2020/01.12.2020) sagten Sie, Sie wollen keine Komplimente ihren Körper betreffend hören. Herr v.d.Lippe missverstand diese Äußerung und antwortete – wohl in der Annahme, es ginge ihnen um die Sorge, über ihren Körper auf ein Sexualobjekt reduziert zu werden – er können ihren Intellekt ja zunächst gar nicht beurteilen. Dem widersprachen Sie und meinten, es ginge nicht, dass der Körper einer Frau gelobt werde. Komplimente bezüglich ihrer Kleidung würden Sie hören wollen, aber bezüglich ihres Körpers nicht.

Wenn ich das so richtig verstanden habe: warum? Selbstverständlich hat jeder das Recht zu wünschen, was er oder sie will. Aber im Rahmen dieser Sendung geht es doch nicht um Befindlichkeiten Einzelner, sondern um das Verhältnis der Geschlechter; da bedeutet Ihr ‚unangenehm finden‘ doch eine Aufforderung an ‚Die Männer‘ so etwas ‚Den Frauen‘ gegenüber zu unterlassen – insbesondere, wenn man die Kommentare von Frau Heinrich und die Publikumsreaktionen berücksichtigt.

Diese Position kann ich auch nach längerem Nachdenken nicht verstehen, tut mir leid. Können Sie mir das erklären? Warum wollen Sie keine Komplimente ihren Körper betreffend hören, wohl aber ihr Outfit betreffend? Und wenn Sie solche Wünsche haben, wieso meinen Sie, dass die von ihren Mitmenschen respektiert werden müssten?

Wenn Ihre Zeit es zulässt, würde ich mich über eine Antwort sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen,
Reinhard Heisterhagen
——————————–
Transkription eines Gesprächs in ‚Nicht dein Ernst! – Eine Frage des Geschlechts‘, WDR, 29.11.2020/01.12.2020

Kurz vor Ende der Sendung ging es um die Frage, ob ein Mann das Outfit einer Frau loben darf. Diesen Teil des Gesprächs habe ich hier übertragen:

Frage von Frau Sabine Heinrich: Ist es OK, wenn ein Mann einer Frau ungefragt ein Kompliment zu ihrem Outfit macht?

Jürgen von der Lippe: Heutzutage überlegt man sich ob man sagt „Ich muss dir sagen, das sieht einfach toll aus“ weil es als Anmache gewertet werden könnte und Ärger machen könnte. In Amerika steigt ein Mann ja nicht mehr in den Aufzug, in dem er mit einer Frau alleine ist.
Maren Kroymann: Ja … ja … ja.
JvdL: Ich sage das vorwurfsvoll aber ohne Bitterkeit.
MK: Also ich finde Outfit kann man doch akzeptieren, ein Kompliment. Wenn es so was unterschwelliges hat ‚Oh, hast ja ne super Figur, tolle Beine‘ oder … so was geht in eine Richtung die ich unangenehm finde – wenn sozusagen der Körper … die Körperhaftigkeit der Frau in diesem Outfit mehr gelobt wird …
JvdL: Also Maren, wie soll ich denn den Intellekt loben, wenn der sich im Moment nicht aufdrängt?
MK: Intellekt war jetzt gerade nicht das Thema.
JvdL:.Doch, Du hast gesagt ‚die Körperhaftigkeit der Frau‘ ich sehe aber nur die Körperhaftigkeit. Ich müsste also sagen „Wenn du so schlau bist, wie du toll aussiehst …“ … dann hab ich ernsthaft ein Problem.
MK: Das ist auch ein schöner Satz. Da hat sich jemand extrem Mühe gegeben. Das ist schon mal ein Pluspunkt.
JvdL: Das war ich.
MK: Ja ich weiß.
JvdL: Das nähmst du nicht übel?
Sabine Heinrich: Ich würd’s übel nehmen. Wenn du das so sagen würdest da hätte ich das Gefühl, der will mir gleich seine Telefonnummer geben.
MK: Leuchtet dir nicht die Trennung … also es ist doch ein Unterschied, ob ich das Outfit oder den Körper der Frau lobe. Das kann man doch klar machen, sprachlich.
JvdL: Die Frage ist doch, ob ich mittlerweile nicht mehr sagen, nicht mehr formulieren darf, dass ein Mensch mir äußerlich gut gefällt.
SH: Ich spüre ja die Verunsicherung die du hast, wenn man kein Kompliment mehr machen darf. Ich traue Männern durchaus zu, eine Situation abschätzen zu können.
JvdL: Ich empfinde ein Kompliment in aller Regel als schön, wenn man mir ein Kompliment macht. Und es ist schade, wenn man sich überlegt, ob man ein Kompliment macht. Da geht vielen etwas verloren.
MK: Verstehe. Aber was spricht denn dagegen, dass man einen Kontakt sucht zu der Person, der man das Kompliment macht, und abschätzt wie sich die Person mit dem Kompliment fühlt. Dagegen spricht doch eigentlich nichts. Das ist ja im Gegenteil eine sehr angenehme Zuwendung, die diese Person dann erfährt, weil du dir Gedanken machst über sie. Das ist eigentlich auch sehr respektvoll und sehr schön. Also nicht nur dein Kompliment ist schön.
JvdL: Wie soll ich das machen
MK: Hingucken, nicht nur senden, auch empfangen
SH: Ohh Maren, super, das ist … das find‘ ich gut.
Viel Applaus und Ende dieses Themas.

Kritik
Langsam gelesen finde ich dieses Gespräch geradezu erschreckend: Was für ein Menschen- und Geschlechterbild steht hinter solchen Aussagen? Mit solchen Sonderregeln für Männer, die die Frau zur Königin machen, der der Mann sich nur noch gaaanz langsam und vorsichtig zu nähern hat. Wobei er Signale auszusenden und Ihre Reaktion zu empfangen und zu interpretieren hat, um ihren Unwillen nicht zu erregen – weil er sich sonst wessen schuldig macht? Würden Sie auch einer Frau den Rat geben, den ‚Kontakt zu suchen zu einem Mann den sie zurückweist und abzuschätzen wie sich die Person mit der Zurückweisung fühlt‘?

Worauf gründet dieses Selbstverständnis, einen Anspruch auf Sonderbehandlung ‚Der Frau‘ geltend machen zu dürfen? Was ich hier sehe ist nicht das Bild einer modernen, toleranten, demokratischen Gesellschaft, sondern Intoleranz, Sexismus und Demokratiefeindlichkeit. Wollen Sie das wirklich oder habe ich Sie da missverstanden?

Noch ein mal mit freundlichen Grüßen,
Reinhard Heisterhagen