Scobel und der Antirassismus

Herr Scobel ist natürlich durch Gatekeeper abgeschirmt und wird diese Mail vermutlich niemals zu Gesicht bekommen. Aber wenn ich nicht wenigstens aussprechen könnte wie entsetzt ich von Herrn Scobels intellektueller Untiefe bin, würde es mich zerreißen.

Per Mail den Sender:

Sehr geehrter Herr Scobel,

ich habe Sie jahrelang wegen ihrer intellektuellen Distanz zum Gegenstand geschätzt, die kritische Diskurse erst möglich macht. Diese Distanz haben Sie mit der Sendung vom 25.02.2021 über Rassismus leider verloren. Wer auf der Meta-Ebene – also im Diskurs über Rassismus – nicht in der Lage ist, das Wort ‚Neger‘ zu benutzen und statt dessen vom ‚N-Wort‘ spricht, hat sich hilflos in dem Gegenstand verstrickt, über den er eigentlich nachdenken sollte.

Falls Sie jetzt einwenden wollten, Sie täten das nur, weil Personen durch das Aussprechen des Wortes ‚Neger‘ (re-)traumatisiert werden könnte, muss ich widersprechen:

1. Wenn das ein Grund wäre, Worte nicht mehr auszusprechen, hätten zunächst Juden das Recht, statt der Verwendung z.B. der Begriffe ‚Auschwitz‘ oder ‚Hitler‘ das ‚A-‚ oder ‚H-Wort‘ zu verlangen; und nicht zuletzt das ‚J-Wort‘, da ‚Jude‘ im 3. Reich als Beleidigung und Schimpfwort benutzt wurde.

2. Sprache ist unter anderem eine Vereinbarung, bestimmte Symbole auf bestimmte Bedeutungen abzubilden; nur die Bedeutung hat einen Wert. Das ist den Neonazis schon lange aufgegangen, wenn sie statt des verbotenen ‚Heil Hitler‘ zunächst ‚HH‘ und später die ’88‘ verwendeten, stolz, uns alle ausgetrickst zu haben – die Bedeutung ist geblieben, nur die Symbole wurden ausgewechselt. Wer das verstanden hat erkennt, dass man in diesem Sinn einerseits liebevoll ‚Neger‘ sagen, andererseits aber auch rassistisch ‚POC‘ benutzen kann. Mögliche Traumatisierungen sind dann persönliches Risiko und können jeden in jedem beliebigem Zusammenhang treffen; insbesondere dann, wenn es sich wie hier um soziale Konstrukte handelt.

Denken Sie doch mal darüber nach.

Gruß,