In letzter Zeit habe ich mich häufig darüber geärgert, dass unsere Qualitätsmedien zum Teil eine ganz andere Vorstellung von Qualitätsjournalismus haben, als ich. Selbstverständlich kann meine einzelne Meinung bei so viel anderen Meinungen nicht maßgeblich sein; aber vertreten sein sollte sie schon. Und genau das ist der Punkt: von Qualitätsjournalismus erwarte ich, dass komplexe Probleme von verschiedenen Blickwinkeln aus betrachtet und erklärt werden, denn nur so kann der Leser, Zuhörer oder -Schauer sich ein realitätsnahes Bild von einem Sachverhalt bilden. Das Gegenteil davon ist Filterblasen-Journalismus, der nur noch den Ausschnitt der Realität wahrnehmen kann, der sich direkt vor dem Loch befindet, in das sich der Journalist selbst eingegraben hat. Und das beobachte ich mehr oder weniger ausgeprägt in allen nennenswerten Medien in Deutschland wenn es um das Thema Feminismus oder dessen Umfeld geht: eine kritische Sicht existiert nicht.
Beim Thema Feminismus, Sexismus und so weiter, gibt es fast – ausgenommen sind natürlich die brillanten Artikel eines Thomas Fischer oder Jochen Bittner – nur noch eine einzige Sichtweise, einen einzigen Blickwinkel. So, als gäbe es für unsere Gesellschaft nur einen richtigen Weg in eine glückliche Zukunft, und dieser Weg ist selbstverständlich wieder ein mal nur einer elitären Gruppe bekannt: hier den Feministen. Woher nehmen sie bloß diese Gewissheit, wo sie sich doch permanent gegenseitig und sogar selbst widersprechen?
Die Frage, wie Menschen glücklich werden, habe ich im feministischen Umfeld interessanter weise noch nie diskutiert gesehen – Ideologen haben ihre Gewissheiten. Und sie wissen: durch Gleichheit wird die Welt besser! Folgerichtig wird dann auch nicht mehr die Frage gestellt, was Frauen glücklich macht – geschweige denn alle Menschen – sondern nur noch, wo es in der Gesellschaft Unterschiede nach Geschlecht gibt, die zu beseitigen sind. Wie das geht, hat die Süddeutsche Zeitung auf besonders flache Art im April 2016 demonstriert: Unter dem Titel „Gleichberechtigung Geld, Oscars, Rock ’n‘ Roll – so ungleich sind Männer und Frauen“ [SZ: … so ungleich sind Männer und Frauen] kommt man schnell auf den Punkt. Zitat: „Deshalb haben wir einfach nackte Zahlen zusammengetragen, die dokumentieren, wie groß die Unterschiede zwischen Männern und Frauen immer noch sind“
Die Frage nach der Bedeutung dieser Zahlen stellt sich schon nicht mehr, es geht nur noch darum ein 50/50 bei den Prozenten zu erreichen: Feminismus mit dem Taschenrechner – wie primitiv. Und dass es hier um gesellschaftliche Veränderung und Ziele geht, kann man dem „wie groß die Unterschiede … immer noch sind“ entnehmen: wo etwas immer noch so ist, besteht offensichtlich dringender Änderungsbedarf.
Dass ‚Die Frauen‘ dabei nicht in jedem Fall auf ‚Gleichberechtigung‘ bestehen – wobei das alles mit Gleichberechtigung überhaupt nichts zu tun hat sondern mit Gleichstellung bzw. Gleichheit – wird im nächsten Satz angedeutet: „Nicht jede Zahl muss man total ernst nehmen, …“ – damit niemand auf die Idee kommt, es dränge ‚Die Frauen‘ evtl. in den harten, schweißtreibenden Straßenbau oder an die Hochöfen. Obwohl: Beschäftigte an Hochöfen und im Straßenbau fehlen seltsamer weise in der Auflistung von Unterschieden, obwohl ich gerade hier große Ungerechtigkeiten vermute. Das muss den selbstgerechten Feministen entgangen sein.
Dass Menschen sich eine gerechte Gesellschaft wünschen, muss wohl nicht umfangreich recherchiert werden, das dürfte allgemeiner Konsens sein. Aber dass sie eine gleiche Gesellschaft wünschen? Wollen wir alle gelähmt sein, wenn einer gelähmt ist? Wollen wir alle Moped fahren, wenn wir einen Mopedfahrer sehen? Will wirklich jeder Vorstandsvorsitzender eines Konzerns sein, Vater oder Mutter, Handwerker oder Programmierer … und so weiter? Nein, natürlich nicht. Vielleicht wünschen wir uns alle gleiche Chancen, unsere Ziele zu erreichen, aber die Ziele können sehr verschieden sein.
Natürlich werden jetzt viele Feministen aufschreien (das hoffe ich jedenfalls), dass sie doch auch nur diese Form von Gleichheit wollen und keine wirkliche, genaue Gleichheit (mit den Bedeutungen mancher Begriffe haben Feministen seit je her Probleme). Aber das stimmt nicht. Zum einen machen sie ja nicht nur genaue Vorschriften, wie z.B. die Hausarbeit aufzuteilen sei, zum anderen greifen sie auch Frauen, die einen anderen Entwurf für ein glückliches Leben habe, zum Teil äußerst bösartig an: da geht es um etwas ganz anderes als die Gleichheit der Chancen, sein Leben zu verwirklichen.
So werden vom Feminismus nicht ein mal die kleinen Ungerechtigkeiten des Lebens gelöst. Und die großen Ungerechtigkeiten werden nicht ein mal angesprochen. Wer da ran will, muss gegen den Neoliberalismus, oder wie auch immer der sich jetzt zur Tarnung gerade nennt, kämpfen. Feministen kämpfen aber weder für das Wohl der Gesellschaft noch für das Wohl der Frauen, sie kämpfen für das Wohl eines elitären Zirkels neoliberaler, weiblicher Egoisten.
Diese feministische Propaganda habe ich lange ertragen ohne viel dazu zu sagen. Aber alles hat seine Grenze und die ist jetzt erreicht. Am 3. November 2017 wurde im ZDF eine gegen Männer gerichtete volksverhetzende Passage ausgestrahlt [aspekte vom 3. November 2017] und in der Mediathek in großer Breite Platz eingeräumt [„Diese Radikalität fehlt uns heute“], ohne dies in irgendeiner Form zu relativieren. Daraufhin habe ich den Moderatoren eine höfliche, aber kritische Mail geschrieben und diese, da ich mir wegen schlechter Erfahrungen nicht sicher war, ob Kritik überhaupt zur Kenntnis genommen wird, als offenen Brief an weitere große Rundfunkanstalten und Zeitungen verteilt.
Nach nunmehr fast zwei Wochen hat niemand der angeschriebenen Personen oder Abteilungen auch nur den Eingang der Mail bestätigt. Da ich mir selbst eine Kopie gesendet hatte bin ich aber sicher, dass beim Mailversand nichts schief gelaufen ist – die ausgebliebene Reaktion ist also von den Adressaten so gewollt.
Darum muss ich jetzt zu anderen Mitteln greifen und zunächst Öffentlichkeit schaffen. Im nächsten Blog-Eintrag folgt darum der offene Brief an das ZDF und einige Qualitäts-Medien, die im Punkt Feminismus vielleicht doch nicht ’nicht-gleich-geschaltet‘ sind?
In der Folge werde ich dann den Platz hier dazu nutzen, Artikel – auch ältere – der Qualitätsmedien zum Thema Feminismus näher auf ihren Qualitätsgehalt zu untersuchen.
Bis später,
Reinhard Heisterhagen